PARIS – Sonne über Paris, Zuschauer auf der Anlage von Roland Garros: Warsteins Tennis-Profi Jan-Lennard Struff erlebt seine neunte Teilnahme am Grand-Slam-Turnier in der französischen Hauptstadt durch die Pandemie-Lockerungen wie die meisten zuvor. Doch mit dem Weltranglisten-Siebten Andrey Rublev aus Russland wartete in der ersten Runde eines der bislang schwierigsten Lose auf den 31-jährigen Deutschen.
Das Turnier von Roland Garros, das im Volksmund auch French Open genannt wird, hatte durch die Corona-Bedingungen um eine Woche nach hinten verlegt werden müssen. Jan-Lennard Struff hatte in der vergangenen Woche das alternativ stattfindende ATP-Turnier in Parma genutzt, war hier im Viertelfinale ausgeschieden. Parallel zu diesem Match wurde dem Sauerländer der 23-jährige Russe Rublev, Weltranglisten-Siebter, zugelost, der bei dem diesjährigen Grand Slam in Paris zum erweiterten Kreis der Favoriten zählte.
Doch davon zeigte sich Struff beim gestrigen Start ins Match um kurz nach 13 Uhr unbeeindruckt. Auf Court 14, auf dem er vor exakt zwei Jahren in der dritten Runde im Fünfsatz-Krimi gegen Borna Coric seinen größten Karriere-Erfolg feierte, legte der Warsteiner furios los. Mit einem Break und einer schnellen 3:0-Führung sicherte sich der großgewachsene Rechtshänder den ersten Vorteil, den er nach 34 Minuten mit dem 6:3-Satzgewinn ins Ziel bringen konnte.
“Wusste, dass ich eine Chance haben werde”
Jan-Lennard Struff über sein Gefühl vor dem Match
Da bei den Grand-Slam-Turnieren drei Gewinnsätze für das Weiterkommen vonnöten sind, war für den Deutschen gegen diesen herausragenden Gegner noch ein weiter Weg zu gehen, zumal der Russe zu Beginn des zweiten Durchgangs ebenfalls ein Break erzielte und es schnell 0:3 stand. Doch der Sauerländer kämpfte sich eindrucksvoll zurück und holte sich beim Stand von 3:5 das Re-Break zum 4:5. Kurz darauf folgte der Tie-Break, in dem es abwechselnd hin und her ging, sich Jan-Lennard Struff jedoch bemerkenswert mit 8:6 durchsetzte und die 2:0-Satzführung sicherte.
Für die beiden Protagonisten war es in diesem Jahr bereits das dritte Aufeinandertreffen, konnte sich der Russe, der im Februar das ATP-500-Turnier in Rotterdam gewann, beim ATP Cup in Melbourne sowie beim Masters-Match in Rom jeweils nach verlorenem ersten Satz am Ende zum Sieg kämpfen.
Auf besagtem Court 14 von Roland Garros lieferten sich die beiden Akteure auch im dritten Durchgang einen sehenswerten Schlagabtausch. Der druckvoll agierende Rublev konnte sich dabei ein entscheidendes Aufschlagspiel des Deutschen sichern, der sich danach noch sichtlich gegen den Anschluss seines Gegenübers wehrte, den Satzverlust mit dem 5. Satzball allerdings hinnehmen musste – 4:6.
Bei seinen bisherigen acht Teilnahmen am Grand Slam in Paris hatte Struff viermal sein Auftaktmatch gewinnen können. Bei der gestrigen neunten war der 31-Jährige über weite Strecken auf dem besten Wege, die Quote positiv zu gestalten – und vor allem den ersten Sieg gegen einen Top-Ten-Spieler bei einem der vier Grand Slams zu erreichen. Doch nachdem der acht Jahre jüngere Russe zuerst den Anschluss schaffte, verlor der Warsteiner im vierten Durchgang ein bisschen seine Linie. Zwei abgegebene Aufschlagspiele sorgten dafür, dass Struff gegen die immer stärker werdende Nummer sieben der Welt das 3:6 und somit den Satzausgleich hinnehmen musste.
Rublev holt 0:2-Satzrückstand auf
Dadurch musste wie im Vorjahr, 2020 hatte das Turnier durch die Pandemie erst Ende September stattgefunden, die erste Runde mit Struff-Beteiligung im Tie-Break entschieden werden. Vor knapp acht Monaten hatte der Warsteiner gegen den US-Amerikaner Frances Tiafoe mit 3:6, 7:6, 3:6, 6:7, 6:3 in exakt vier Stunden gewonnen. Auch vor zwei Jahren in der dritten Runde gegen Borna Coric aus Kroatien (4:6, 6:1, 4:6, 7:6, 11:9) hatte er auf gleichem Court 14 ein Marathon-Match (4:22 Stunden) absolviert.
Zwar sollte das Aufeinandertreffen mit Rublev nicht an die Matchdauer von vor zwei Jahren herankommen, dafür war das Spannungslevel ebenfalls spürbar hoch.
Und es war der Deutsche, der im entscheidenden Satz den ersten wichtigen Vorteil erzielen konnte. Struff holte sich das Break zum 2:1 und verteidigte es mit allem, was er noch im Köcher hatte. So boten sich nach 3:44 zwei Matchbälle, von denen er zwei Minuten später den zweiten zu einem seiner größten Karriere-Erfolge verwertete!
Nach der Partie bilanzierte Struff im Eurosport-Interview: „Ich bin super happy, dass ich gewonnen habe. Ich hatte in diesem Jahr bereits zwei Mal gegen Andrey verloren, hatte aber beide Male den ersten Satz gewonnen. Deswegen wusste ich, dass ich eine Chance haben werde. Es war ein intensives Match und kräftezerrend, mit Andrey in lange Rallyes zu gehen. Ich habe es vermisst vor so vielen Fans spielen zu können. Es macht viel mehr Spaß, vor Zuschauern zu spielen.“
In der zweiten Runde wird der Warsteiner auf Facundo Bagnis aus Argentinien treffen, der in seiner ersten Runde Benjamin Bonzi aus Frankreich mit 7:5, 6:3, 6:4 bezwang.
Roland Garros, 1. Runde:
Jan-Lennard Struff – Andrey Rublev 6:3, 7:6, 4:6, 3:6, 6:4 (226 Minuten)
1. Satz: 1:0, 2:0, 3:0, 3:1, 4:1, 4:2, 5:2, 5:3, 6:3. (37 Minuten)
2. Satz: 0:1, 0:2, 0:3, 1:3, 1:4, 2:4, 2:5, 3:5, 4:5, 5:5, 5:6, 6:6;
Tie-Break: 0:1, 1:1, 2:1, 3:1, 3:2, 3:3, 3:4, 4:4, 4:5, 5:5, 6:5, 6:6, 7:6, 8:6. (63 Minuten)
3. Satz: 1:0, 1.1, 2:1, 2:2, 3:2, 3:3, 3:4, 3:5, 4:5, 4:6. (50 Minuten)
4. Satz: 1:0, 1.1, 2:1, 2:2, 3:2, 3:3, 3:4, 3:5, 3:6. (36 Minuten)
5. Satz: 0:1, 1:1, 2:1, 3:1, 3:2, 3:3, 4:3, 5:3, 5:4, 6:4. (40 Minuten)